Nudging – wie gelingt die erfolgreiche Einführung?
Der Begriff Nudging kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie „sanft anstupsen“. Nudging-Maßnahmen, sogenannte „Nudges“, sollen Menschen zu einem vorteilhafteren Verhalten bewegen – und das ganz ohne Zwang oder Verbote. Nudging in der Gemeinschaftsverpflegung zielt demnach darauf ab, die Tischgäste zur Wahl gesundheitsfördernder und nachhaltigerer Speisen und/oder Getränke zu animieren, indem diese besonders attraktiv und leicht zugänglich gemacht werden. Üblicherweise werden Nudges im Bereich der Speiseausgabe umgesetzt, z. B. am Buffet oder an der Ausgabetheke. Beispiele sind:
- eine besondere Auslobung oder Kennzeichnung,
- eine attraktivere Präsentation oder
- die bessere Verfügbarkeit, Sichtbarkeit und Erreichbarkeit
der gesundheitsfördernden und nachhaltigeren Speisen und/oder Getränke. Darüber hinaus zählen auch sprachliche Aufforderungen oder Hinweise des Ausgabepersonals zu möglichen Nudges, wie beispielsweise die Frage „Darf ich Ihnen heute den Obstsalat zum Dessert empfehlen?“. Die Wahlfreiheit des Tischgastes bleibt dabei erhalten, da beim Nudging keine Verbote oder Verhaltensvorschriften gemacht werden. Nudging stellt zurzeit einen sehr aussichtsreichen Ansatz dar, um eine gesundheitsförderndes und nachhaltigeres Ernährungsverhalten bei den Tischgästen zu fördern.
Welche Schritte sollten Sie vor der Umsetzung unternehmen?
Wenn Sie in Ihrer Betriebsgastronomie oder Kantine mit Nudges Ihr Angebot ins richtige Licht setzen wollen, und den Tischgästen die Wahl des gesundheitsfördernden und nachhaltigeren Gerichtes besonders leicht machen wollen, hilft Ihnen eine IST-Analyse. Stellen Sie für die Erhebung ein engagiertes und motiviertes Team zusammen. Vielleicht erweist es sich als hilfreich, eine externe Beratung hinzuzuziehen. Bei der IST-Analyse werden die folgenden Bereiche näher beleuchtet:
- Wie setzt sich die Zielgruppe zusammen (Alter, Geschlecht, Schichttypen, etc.)?
- Wie wählt die Zielgruppe aus?
- Wie sind die Ergebnisse der Gästebefragung?
- Zeichnet sich ein Essverhalten ab? Zeichnen sich Defizite ab?
- Wie sieht das gesunde und nachhaltigere Angebot aus?
- Wie ist der Speiseplan gestaltet?
- Wie wird dieses angenommen?
- Wie sehen die Verkaufsdaten aus?
- Welche Rückmeldungen gibt es?
- Wie werden die Waren bisher präsentiert – bereits fertig angerichtete Teller oder Ausgabetheke wo sich die Gäste ihr Essen selbst zusammenstellen können?
- Wie viele Ausgabetheken gibt es?
- Welche Geschirrgrößen und -arten gibt es?
- Welche Kommunikationswege und -möglichkeiten werden bereits genutzt?
- Gibt es in der Betriebsgastronomie Monitore, Aufsteller oder ähnliches?
- Was wird zurzeit für die Dekoration der Ausgabe verwendet?
- Wie sind die Ausgabetheken angeordnet und welche Möglichkeiten der Präsentation und Zubereitung gibt es?
- Wie verlaufen die Kundenströme?
- Welche Laufwege gibt es?
- Wie sind die Lichtverhältnisse?
- Welche räumlichen Gegebenheiten und Größe haben der Ausgabebereich und der Gastraum?
- Was beeinflusst das Auswahlverfahren der Tischgäste (Beobachtungen)?
- Wie sehen die Verkaufszahlen aus?
◦ Komponenten
◦ Bioanteil (Messgröße ist der gesamte Verkauf)
◦ Getränke
◦ Speisereste beim Tellerrücklauf
- Wie kaufen Sie ein?
◦ Getrennt nach Warengruppen
◦ Bioanteil gemessen am gesamten Einkauf
◦ Speisereste, die bei der Produktion anfallen
Dies sind einige beispielhafte Punkte, die einen kurzen Überblick geben sollen. Diese können je nach den Gegebenheiten vor Ort und den entsprechenden Rahmenbedingungen individuell angepasst werden. Für die IST-Analyse sollten Sie ausreichend Zeit einplanen, die Erhebung zu unterschiedlichen Zeitpunkten vornehmen und die Ergebnisse zusammenführen. Die Ergebnisse können Sie nicht nur für Maßnahmen im Nudging nutzen, sondern auch für die Planung, den Einkauf, die Ausgabe und die Entsorgung. In der IST-Analyse erlangen Sie durch Beobachtung, gerade wenn Sie sich bewusst in die Rolle des Tischgastes versetzen, hilfreiche Eindrücke. Lassen Sie unterschiedliche Personen aus Ihrem Team an unterschiedlichen Tagen die Essensausgabe und die Tischgäste bei Ihrer Wahl beobachten, und sprechen Sie im Anschluss gemeinsam über die Beobachtungen.
Von der IST-Analyse zur erfolgreichen Umsetzung
Nach der erfolgreichen IST-Analyse können im Küchenteam verschiedene Nudging-Maßnahmen festgelegt werden. Denn eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Nudging erfolgreich umgesetzt werden kann, ist die Bereitschaft des Küchenpersonals.
In den ersten Schritten werden die Nudges geplant, nötige Ausgangsdaten erfasst, die Nudges eingeführt und über einen abgestimmten Zeitraum fortgeführt. In diesem Zeitraum sollte die Wirkung gemessen, bewertet und ggfs. angepasst werden.
Folgende Prozessschritte helfen bei der Implementierung von Nudging-Maßnahmen:
Bei der Analyse fließen Ihre Ergebnisse der IST-Analyse mit ein und Sie können mit Hilfe der Daten einen Bedarf entwickeln. Bei der Bedarfsanalyse spielen neben der Problemanalyse die daraus abgeleiteten Ziele und die Kreierung von passenden Nudges eine entscheidende Rolle. Wenn Sie in Ihrem Betrieb ein Betriebliches Gesundheitsmanagement haben und mit Nachhaltigkeitszielen arbeiten, betten Sie diese bereits in Ihre Analyse mit ein. Vielleicht geben diese bereits einen Rahmen vor, mit dem Sie bei der Definition Ihrer Ziele, die Sie durch Nudges erreichen wollen, formulieren können. So gelingt Ihnen auch die Vernetzung in Ihrem Betrieb zu Schnittstellen, die sich ebenfalls mit der Gesundheitsförderung und Nachhaltigkeit befassen. So können Sie auch gezielt Zusatzinformationen zu den einzelnen Nudges gemeinsam erarbeiten, die Sie in der Gästekommunikation nutzen können.
Mit Hilfe der Erkenntnisse aus der Analyse leiten Sie die Ziele und Strategie gemeinsam mit Ihrem Team ab. Behalten Sie dabei auch die langfristige Planung im Auge, die Rahmenbedingungen, die Arbeitsabläufe, die personelle Ausstattung und die finanziellen Mittel und wie Sie den Erfolg der Nudges messen wollen.
Beginnen Sie mit „kleineren“ Zielen, die Sie dann nach und nach steigern können. Bei der Formulierung Ihrer Ziele können Sie sich an den „smart“ Kriterien orientieren – spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch, terminiert. Die Nudges sollten für Ihr Ziel relevant sein, sich dauerhaft umsetzen lassen und nach außen hin sichtbar sein. Behalten Sie dabei die Einfachheit der Nudges im Auge. Nudges sollten kreativ, einfach und kostengünstig sein. Vergessen Sie nicht, die Zuständigkeiten und Verantwortung festzulegen, das erleichtert den Prozess und die Bewertung Ihrer Maßnahmen.
Im Reiter Gästekommunikation sind Beispiele dargestellt, wie Sie Nudging auch in Ihrem Betrieb umsetzen können. Die dort vorgestellten Maßnahmen sind nicht vollständig und zur Sensibilisierung für das Thema und zur Inspiration gedacht. Denn welche Maßnahmen vor Ort notwendig und realisierbar sind, hängt von den Rahmenbedingungen im Betrieb ab. Ziel dabei ist immer, die gesunde und nachhaltigere Wahl zur leichten Wahl zu machen.
Wenn Sie und Ihr Team Ziele für Ihren Betrieb festgelegt haben, legen Sie einen Zeitplan fest, in dem fixiert wird, wann die Nudgingmaßnahme umgesetzt werden soll, wer informiert werden muss, ob zusätzliches Material benötigt wird und ob es die Maßnahmen Einfluss auf den Arbeitsablauf haben.
Beim letzten Schritt „Bewertung und Weiterentwicklung“ messen Sie die Wirksamkeit Ihrer festgelegten Ziele. Wenn Sie z. B. das Ziel hatten, den Konsum/Kauf von Wasser zu erhöhen und als Maßnahme den Aufstellungsort für die Wasserflaschen prominenter gestaltet haben, messen Sie die Verkaufszahlen der Flaschen vor und nach der Veränderung des Aufstellungsortes. Haben die Nudgingmaßnahmen zum gewünschten Ziel beigetragen? Wenn nein, was hat die Zielerreichung verhindert? Um eine Aussage treffen zu können, messen Sie einmal bevor Sie die Nudges einführen und das zweite Mal nach einem definierten Zeitraum. So können Sie die Veränderung in den definierten Messwerten darstellen. Nach diesem Schritt haben Sie eine fundierte Entscheidungsgrundlage und können festlegen, ob die Nudges fortgeführt werden, verändert werden müssen oder nicht weiterverfolgt werden.