Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) – Umsetzung
Im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) werden alle Aktivitäten zur Erhaltung und Förderung der Gesundheit von Mitarbeitenden gebündelt. Dazu gehören verpflichtende Maßnahmen zum Arbeitsschutz, zur betrieblichen Wiedereingliederung und freiwillige Angebote in der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF). Die Zusammenführung dieser Maßnahmen in einem BGM birgt die Möglichkeit, dieses als betriebliches Ziel zu verankern und im Unternehmensmanagement und den verschiedenen Prozessen abzubilden. Um die Wirksamkeit des BGM im Blick zu behalten, lohnt sich eine strategische Herangehensweise. Einzelmaßnahmen sind oftmals wenig erfolgversprechend. Dazu können bereits vorhandene prozessorientierte Vorgehensweisen genutzt werden. Diese sollten idealerweise so konzipiert sein, dass die Aktionen von der Vorbereitung über die Einführung bis hin zum kontinuierlichen Verbesserungsprozess implementiert sind.
Was versteht man unter der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF)?
Nach der Luxemburger Deklaration beschreibt die betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) alle Maßnahmen, die durch Arbeitgeber*innen, Arbeitnehmer*innen oder auch durch die Gesellschaft unternommen werden, um die Gesundheit der Mitarbeitenden am Arbeitsplatz zu verbessern. Der Fokus liegt hierbei auf den Maßnahmen.
Die BGF ist, neben dem Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie dem betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement, eine wichtige Säule im BGM. Der Arbeits- und Gesundheitsschutz und das betriebliche Wiedereingliederungsmanagement sind gesetzlich verankert und stellen eine verpflichtende Maßnahme dar. Die BGF ist auf Basis des § 20b SGB V und des geltenden Präventionsgesetzes sowohl für die Arbeitgeber*innen als auch für die Arbeitnehmer*innen ein freiwilliges Angebot.
Wie gelingt der Einstieg?
Warum gelten Betriebe als ideales Setting? Sie erreichen mit einer Maßnahme „auf einen Schlag“ eine Vielzahl von Menschen – im besten Fall auch die Arbeitnehmer*innen, die im privaten Umfeld keine solche Leistung in Anspruch nehmen würden.
Um die betriebliche Gesundheitsförderung im betrieblichen Gesundheitsmanagement erfolgreich zu etablieren, sollten Sie im ersten Schritt die grundlegenden Strukturen klären und den Prozess systematisch aufbauen.
Der betriebliche Gesundheitsförderungsprozess umfasst sechs Phasen:
Ihr erster Schritt sollte die Gründung eines Gesundheitszirkels mit allen relevanten Akteur*innen sein.
Mögliche Varianten von Gesundheitszirkeln:
- Homogen zusammengesetzte Gesundheitszirkel: Berliner bzw. Hannoveraner Modell, gleichförmige Zusammensetzung auf einer hierarchischen Ebene, in der Regel werden die Teilnehmer*innen gewählt und üblicherweise sind bei der Zusammensetzung der Akteur*innen keine Vorgesetzten vorgesehen
- Inhomogen, hirachieübergreifend zusammengesetzter Gesundheitszirkel: Düsseldorfer Modell, Gemischte Kleingruppe aus gewählten Beschäftigten eines Arbeitsbereiches
In einem Gesundheitszirkel lassen sich sehr schnell die Beanspruchung und Besonderheiten in den einzelnen Bereichen des Unternehmens herauskristallisieren. Einer der ersten Schritte ist die Information und Beratung durch die BGF Koordinierungsstelle. Diese berät umfassend zu Gesundheit am Arbeitsplatz.
Nach diesen Informationen kann der Gesundheitszirkel die Sinnhaftigkeit von der Einführung einer BGF einschätzen, kann den Status quo erheben, ein einheitliches Grundverständnis für die BGF entwickeln und mögliche Ziele definieren.
In dieser Phase gilt es zu prüfen, inwieweit Sie die bestehenden Strukturen wie Schnittstellen nutzen können und welche Strukturen neu aufgebaut werden müssen.
Das Ziel in Phase 3 ist es, einen Überblick über die gesundheitliche Situation der Mitarbeitenden in Ihrem Betrieb zu erlangen. Aufschluss dazu geben unter anderem Kennzahlen zur gesundheitlichen Belastung und der Ressourcen der Mitarbeitenden.
Dazu zählen – in Abstimmung mit dem Betriebsrat in anonymisierter Form unter Wahrung des Datenschutzes – folgende Daten:
- die Arbeitsbelastungen und die Gründe für die Fehlzeiten der Mitarbeitenden in den einzelnen Abteilungen,
- die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung,
- anonymisierte Fallauswertungen des betrieblichen Eingliederungsmanagements und Erkenntnisse der arbeitsmedizinischen Vorsorge und der betriebsärztlichen Tätigkeiten,
- evtl. Screenings oder Check- Ups zur Erhebung des individuellen Gesundheitszustandes der Mitarbeitenden durch den*die Betriebsärzt*in,
- Ergebnisse aus anonymen, standardisierten Mitarbeiterbefragungen zum Beispiel zu gesundheitlichen Beschwerden und zur Arbeitszufriedenheit.
Ergebnisse aus der Arbeitsplatzbegehung, den Mitarbeiterbefragungen, Ergebnisse aus der Altersstruktur und der daraus abgeleiteten Erkenntnisse runden den Prozess ab.
Wie können Sie im Verpflegungsbereich beginnen?
- Analysieren Sie in diesem Schritt Ihr bestehendes Verpflegungsangebot hinsichtlich der angebotenen Speisen und Getränke. Eine gute Hilfestellung hierfür ist die Checkliste.
- In dieser Phase lohnt es sich, auch eine Gästebefragung zum Ernährungsverhalten, Vorlieben, Abneigungen, Wünschen und Zufriedenheit mit dem Verpflegungsangebot durchzuführen.
- Auch die bestehende Verpflegungsinfrastruktur im Hinblick auf Teeküchen, Pausenräume, Konferenzräume, Automaten, Essenszeiten, räumliche und zeitliche Erreichbarkeit von Verpflegungsangeboten kann hier einen guten Einblick geben. Diese Informationen können z. B. auch sehr gut für die Gestaltung der Verpflegung und die Verpflegungsangebote von Mitarbeitenden im Schichtdienst genutzt werden.
Mit Hilfe der gewonnenen Erkenntnisse können Sie die einzelnen Maßnahmen ableiten und eine zielgruppenspezifische Ausrichtung der betrieblichen Gesundheitsförderung festlegen. In diesem Schritt sollten Sie auch bereits die Kennzahlen für die Evaluation festgelegen. So ist es im Prozess leichter, die Wirksamkeit der Maßnahmen zu messen. Berücksichtigen Sie bei der Festlegung der Maßnahmen und der Ziele die personellen und finanziellen Ressourcen die Sie zur Verfügung haben und legen Sie die Verantwortlichkeiten fest. Um eine hohe Wirksamkeit zu erreichen, sollten Sie bei der Erstellung des Maßnahmenplans Angebote aus der Verhaltens- und der Verhältnisprävention kombinieren. In Studien wurde gezeigt, dass die Kombination Maßnahmen im BGF besonders erfolgreich macht. Nun priorisieren Sie die Maßnahmen und vervollständigen die Aufzählung mit den finanziellen und personellen Ressourcen.
Maßnahmen in der Verhältnisprävention:
- Angebot eines gesundheitsfördernden und nachhaltigen Verpflegungsangebots.
- Gestaltung des Verpflegungsbereiches und der Ausgabetheken gemäß des Nudging-Prinzips.
Maßnahmen in der Verhaltensprävention:
- Aktionswochen und Gesundheitstage
- Vorträge, Seminare und Workshops
- Online Kurse
- Ernährungsberatung
Die Maßnahmen sollten in der Regel parallel stattfinden. Findet beispielsweise eine Aktionswoche zur Herzgesundheit statt, sollte auch in der Betriebsgastronomie eine entsprechende Menülinie angeboten werden. Dies ermöglicht den Mitarbeitenden, ihr neu erlerntes Wissen und die neuen Impulse direkt in der Betriebsgastronomie anzuwenden und erleichtert diesen zudem eine Änderung ihrer Verhaltensweisen.
Weiterführende Informationen unter dem Stichwort: zertifizierte Ernährungsberater*innen
Die einzelnen Maßnahmen sollten schrittweise umgesetzt werden. Für den Anfang sollten Sie auf kleine erfolgsversprechende Maßnahmen setzen, die sich kurzfristig umsetzen lassen. Für den Erfolg der Maßnahme sollten die Beteiligten eng verzahnt sein, um so eine erfolgreiche Implementierung sicherzustellen.
Machen Sie einen Wettbewerb: „Wie viel Obstkörbe bestellen die Abteilungen?“ oder „Wie oft wird das gesundheitsfördernde und nachhaltige Menü gewählt?“. Ihrer Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Lassen Sie verschiedene Teams gegeneinander antreten und versorgen Sie die Teams mit begleitenden Informationsmaterialien.
In der Evaluation der durchgeführten Maßnahmen wird die Ausgangssituation mit der neuen IST Situation verglichen, die Ergebnisse bewertet und dokumentiert. So können Sie Ihre Erfolge sichtbar machen und gegebenenfalls noch an der ein oder anderen Stelle für die kommenden Maßnahmen nachjustieren.
Weitere Informationen: Nehmen Sie Kontakt mit der Krankenkasse auf, bei der die meisten Ihrer Mitarbeitenden beschäftigt sind oder wenden Sie sich an die BGF Koordinierungsstelle. Sprechen Sie mit dem Verantwortlichen für die betriebliche Gesundheitsförderung. Die Krankenkassen finanzieren im Rahmen des Präventionsgesetzes verschiedene Leistungen und können Ihnen verschiedenen Expert*innen und Ansprechpartner*innen nennen.
Die betriebliche Gesundheitsförderung setzen zurzeit meistens nur große Unternehmen um, aber auch in Kleinstbetrieben lassen sich durch Betriebspatenschaften verschiedene Maßnahmen implementieren.
Weiterführende Informationen unter dem Stichwort: Betriebliches Gesundheitsmanagement