LWL-Kliniken Münster und Lengerich
Träger der LWL-Kliniken Münster und Lengerich ist der Landschaftsverband Westfalen-Lippe.


Name der Einrichtung: LWL-Kliniken Münster und Lengerich
Name des Unternehmens/Trägers: Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL)
Ansprechpartner*in: Birgitta Lohmann 0251 915551362
Mitarbeitende im Verpflegungsbereich: Ca. 30 je Standort = 60 (Köpfe)
Bewirtschaftungsform (Eigen- oder Fremdregie): Eigenregie
Speisenproduktionssystem (z. B. Cook & Chill): Frischküche im Cook & Serve-System
Anzahl der Standorte: 2 (Münster und Lengerich)
Ausgabesystem: Mischung Tablettsystem | Tischgruppensystem | Schöpfsystem | Restaurant
Anzahl der Menülinien: Montag – Freitag 3 | Samstag – Sonntag 2
Anzahl der ausgegebenen Essen pro Tag: rd. 950 (Münster) | rd. 800 (Lengerich)
Besondere Angebote (z. B. Cafeteria, Konferenzservice etc.): Konferenzservice | Cafeteria in Planung (Lengerich)
Welche Nachhaltigkeitsaspekte setzen Sie im Verpflegungsbereich um?
Zum Beispiel:
Kooperationen mit regionalen Anbietern; Ausweisen von Nachhaltigkeitskennzahlen; Maßnahmen in punkto Reduzierung von Lebensmittelabfällen
- Bio-Siegel seit 2005 (aktuell rd. 35% Anteil monetär)
- Regionale Anbieter (Erzeuger) bei tierischen Produkten (100% Bio-Schweinefleisch, 100% Bioland-Rind mit Ganztierverwertung, 100% Bioland-Frühstückseier, Bioland-Frischmilch und Frischmilchprodukte, z.T. Bioland-Hähnchenfleisch, 100% Neuland-Putenfleisch, Stippmilch vom Münsteraner Erzeuger mit Hofmolkerei)
- Nachhaltigkeitskennzahlen der Küche werden in der jährlich veröffentlichten EMAS-Umwelterklärung und im Nachhaltigkeitsbericht ausgewiesen.
- 2012 – 2014 Teilnahme an Projekt „Reduktion von Warenverlusten und Warenvernichtung in der Außer-Haus-Verpflegung - Ein Beitrag zur Steigerung der Ressourceneffizienz“ des Instituts für nachhaltige Ernährung iSuN der Fachhochschule Münster
- 2015 Nominierung für den Bundespreis „Genießt uns!“ und 2017 Nominierung für den Bundespreis „Zu gut für die Tonne!“ für den erfolgreichen Einsatz gegen Lebensmittelverschwendung
Welche Aspekte der Gesundheitsförderung setzen Sie im Verpflegungsbereich um?
Zum Beispiel:
Umsetzung gesundheitsfördernden Aspekte wie Reduzierung der Fleischmenge, Einsatz von Hülsenfrüchten, fleischfreie Tage; Regelmäßige Aktionen in Ihren gastronomischen Einrichtungenmit dem Betrieblichen oder Studentischen Gesundheitsmanagement
- Frischküche mit möglichst gering vorverarbeiteten Lebensmitteln
- Konsequenter Verzicht auf Geschmacksverstärker, künstliche Süßungsmittel und nach Möglichkeit Farbstoffe/Zusatzstoffe
- Reduzierung Fleischangebot (kleinere Kalibrierungen, in der Regel nur noch 6 Fleischgerichte bei 19 Menüangeboten/Woche)
- Mittwochs seit 2010 nur vegetarische/vegane Angebote beim Mittagessen
- Vermehrter Einsatz von Hülsenfrüchten
- Anlehnung an DGE-Empfehlungen und Planetary Health Diet
- Ernährungsberatung durch Fachkräfte (Oecotrophologie, Diätassistent:innen, diätetisch geschulte Köchinnen und Köche)
Was zeichnet Ihre Einrichtung aus?
- LWL-Klinik Münster seit 1999 als erstes psychiatrisches Fachkrankenhaus bundesweit nach EMAS validiert (Eco Management and Audit Scheme, das Umweltmanagementsystem der Europäischen Union)
- LWL-Klinik Lengerich seit 2011 nach EMAS validiert
- Bio-Siegel seit 2005
- Erster DNK-Nachhaltigkeitsbericht LWL-Klinik Münster 2023 und LWL-Klinik Lengerich 2024 veröffentlicht
- Seit 2010 nach dem Siegel „berufundfamilie“ zertifiziert
- Nachhaltiges Verpflegungskonzept
- Seit 2010 Mitglied im BioMentoren-Netzwerk
- 2015 Gewinner des INTERNORGA-Zukunftspreises
- 2015 Gewinner des S+F-Förderpreises
- 2015 Auszeichnung als GV-Manager des Jahres
- 2015 Nominierung für den Bundespreis „Genießt uns!“
- 2017 Nominierung für den Bundespreis „Zu gut für die Tonne!“
- 2023 Nomierung für den Ursula Hudson Preis SlowFood Deutschland

Für unser Interview stand uns Herr Voß zur Verfügung.
Thomas Voß war bis zu seinem Ruhestand im Oktober 2024 Kaufmännischer Direktor und EMAS-Umweltmanagementvertreter der LWL-Kliniken Münster und Lengerich. Seinem Herzensthema „Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen“ bleibt er weiterhin unter anderem durch sein Engagement im BioMentoren-Netzwerk, als Mitglied im Umweltgutachterausschuss am Bundesumweltministerium und im Fachbeirat „Klimaneutrales Krankenhaus“ der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen treu. Für sein Engagement wurde er vielfach ausgezeichnet, zuletzt 2023 mit der Nominierung für den Ursula-Hudson-Preis von Slow Food Deutschland.
Welche Möglichkeiten nutzen Sie in der Ausschreibung und Vergabe, um die Themen Nachhaltigkeit, Regionalität, Saisonalität und Bioprodukte zu platzieren?
Bei Ausschreibungen sind die Themen Nachhaltigkeit, Regionalität und Saisonalität vergaberechtlich sauber kaum zu platzieren, da es sich in der Regel um vergabefremde Kriterien handelt. Wir haben uns so beholfen, dass wir frische Produkte wie Salate, Kartoffeln und Gemüse sowie Fleisch und Milchprodukte nicht mehr über Rahmenverträge mit langen Laufzeiten kaufen, sondern als Frischprodukte, die ja in der Regel nach Tagespreisen gehandelt werden. Das gibt uns den Spielraum und die Beinfreiheit, die wir brauchen. Bei tierischen Produkten kommt uns das Grundgesetz zur Hilfe. Das Tierwohl hat mittlerweile über Artikel 20a des Grundgesetzes Verfassungsrang und ermöglicht im Rahmen des Auftragsbestimmungsrechtes Festlegungen, die ein Angebot nur für regionale Erzeuger interessant machen. So lässt sich zum Beispiel die Weideschlachtung als besonders stressfreie Schlachtung ebenso vorgeben wie eine definierte, kurze Wegstrecke zwischen Landwirt und Schlachthof. Auch besondere Haltungsbedingungen können vorgegeben werden. Auf diesem Wege wird es in der Regel gelingen, an regionale Anbieter zu kommen.
Wie haben Sie für die LWL-Kliniken Regionalität definiert? Anhand von verschiedenen Parametern oder anhand von einer abgestimmten Entfernung zu den LWL-Kliniken (Umkreis)?
Regionalität ist ja kein normierter Begriff. Wir haben uns gegen eine feste Definition entschieden. Wir versuchen grundsätzlich, die Lebensmittel in der von uns geforderten Qualität nach Möglichkeit im Umfeld der LWL-Kliniken Münster und Lengerich zu beschaffen. Also erst Nahraum um die Kliniken, dann Münsterland, dann Westfalen usw. Insbesondere bei tierischen Produkten (Frühstückseier, Schweinefleisch, Rindfleisch, Frischmilch und Frischmilchprodukte, Hähnchenfleisch in Bio- bzw. Bioland-Qualität und bei Putenfleisch in Neuland-Qualität) arbeiten wir mit regionalen Erzeugerbetrieben in einem Radius von 60 km zusammen. Auch bei Salaten, Kartoffeln und Gemüse versuchen wir möglichst regional zu beschaffen. Wichtig ist der Hinweis, dass für uns regional nicht an politischen Grenzen endet. Auch Erzeugnisse aus dem südlichen Niedersachsen oder dem deutsch-niederländischen Grenzgebiet sind für uns regional. Den bayrischen Weg, nur Produkte aus Bayern (z.B. bayrisches Bio-Siegel) zu fordern, halten wir für verkehrt und vergaberechtlich problematisch.
Wenn Sie sich ganz neu mit dieser Thematik befassen würden, was hätten Sie damals schon gerne gewusst?
Ich hätte sehr gerne auf Informationen, wie zum Beispiel den Praxisleitfaden „Mehr Bio in Kommunen“ der Biostädte, zurückgegriffen. Außerdem hätte ich es als hilfreich empfunden, wenn es wie bei Produkten aus ökologischem Landbau regulatorische Vorgaben gegeben hätte. Ohne Leitplanken versteht ja jede(r) etwas anderes unter „regional“. Und vergessen wir nicht, dass regional zum Beispiel auch Billigfleisch aus industrieller Massentierhaltung bedeuten kann! Der Slogan „Regional ist das neue Bio!“ ist zwar aus Marketinggesichtspunkten genial, aber bei näherer Betrachtung völlig inhaltsleer und Unfug!
Sie beschäftigen sich auf verschiedenen Ebenen mit dem Thema Nachhaltigkeit. Wie sind Sie das Thema im Team angegangen und was waren Ihre ersten Schritte bei der Umsetzung im Verpflegungsbereich?
Unser Startschuss war eindeutig die Einführung des Umweltmanagementsystems nach EMAS (Eco Management and Audit Scheme, das System der Europäischen Gemeinschaft). Da EMAS wie jedes Qualitätsmanagementsystem durch den Zyklus Plan-Do-Check-Act PDCA eine laufende Verbesserung fordert, erkennt man schnell, dass der Verpflegungsbereich im Gesundheitswesen einen hohen Impact auf die Umweltauswirkungen hat. So haben wir uns bereits 2004 auf den Weg hin zu einem nachhaltigeren Verpflegungssystem gemacht und uns schon 2005 nach dem EU-Biosiegel zertifizieren lassen. Seither entwickeln wir uns stetig weiter und gehören heute zu den bundesweit bekannten Pionieren in diesem Bereich.
Ihr Team hat den Klimaklops entwickelt. Wie kam es dazu und welche Schritte haben Sie unternommen, damit das neue Produkt erfolgreich eingeführt werden konnte?
Der Klimaklops ist ein Beispiel dafür, wie Mitarbeiter:innen für Nachhaltigkeit Feuer fangen können. Tatsächlich wurde der Klimaklops nicht vom Team entwickelt, sondern vom damaligen stellvertretenden Küchenleiter. Im Rahmen seiner Qualifikation zum diätetisch geschulten Koch hat er sich überlegt, einen Klops zu entwickeln, der maximal 30% Fleischanteil enthält, aber vom Gast als mindestens ebenso wohlschmeckend empfunden wird wie ein Fleischklops. Er hat viel ausprobiert, bis er die beste Mischung gefunden hat. Die erste Bewährungsprobe hat der Klimaklops bei einem Abendessen mit hochkarätigen Gästen unter anderem aus Münsters Politik und des Bischöflichen Generalvikariats bestanden. Als er dann noch bei einer Blindverkostung durch die Küchenleiter der anderen LWL-Einrichtungen als klare Nummer eins, die die klassische Rindfleischfrikadelle in allen Punkten klar abgehängt hat, abgeschnitten hat, war sofort klar, dass ein neues nachhaltiges Angebot auf dem Speiseplan landet.
Was würden Sie Verantwortlichen, die ihren Bereich gerne nachhaltiger gestalten wollen, gerne mitgeben?
Vor allem: im doppelten Sinne des Wortes einfach anfangen! Die Messlatte nicht gleich zu hoch legen, sondern sich -wie wir- Schritt für Schritt entwickeln und dabei Team und Gäste mitnehmen. Wenn das Team überzeugt ist und neue, toll schmeckende nachhaltige Gerichte auf den Teller bringt, wird es für alle eine Win-Win-Erfolgsgeschichte.